Den meisten Menschen ist der Ablauf eines Strafprozesses erstmal unbekannt. Das löst in der ohnehin schon angespannten Situation zusätzliches Unbehagen aus. Die folgenden Ausführungen sollen daher eine erste Vorstellung davon vermitteln, was Sie bei Gericht erwartet, wie das Verfahren abläuft und welche Förmlichkeiten zu beachten sind.
Zunächst einmal sind grundsätzlich alle Hauptverhandlungen öffentlich. Sie haben also die Möglichkeit im Zuschauerbereich einer öffentlichen Sitzung Platz zu nehmen und sich das Ganze einfach mal live anzuschauen. Dann weiß man bei der eigenen Verhandlung was auf einen zukommt.
Nicht zu unterschätzen ist die richtige Kleiderwahl. Es empfiehlt sich ordentlich gekleidet, jedoch nicht verkleidet, bei Gericht zu erscheinen. Basecap, Sneaker oder Hoodie vermitteln dem Gericht nur den Eindruck, man nehme die Sache nicht richtig ernst. Mit einem solchen Eindruck schaden Sie sich unter Umständen selbst.
Am Tag der Hauptverhandlung sollten Sie sich, je nach Anfahrtszeit, etwa 20-30 Minuten vor dem Termin bei Gericht einfinden. Ein gewisser Zeitpuffer ist hier dringend anzuraten. Erscheint man bei dem Termin zu spät oder völlig außer Atem macht dies auf die Übrigen Beteiligten einen sehr schlechten Eindruck. Lässt sich eine Verspätung dennoch nicht verhindern, sollten Sie so früh wie möglich zum Hörer greifen und dem Gericht den Grund für Ihre Verspätung und die voraussichtliche Ankunft mitteilen. Dazu gehört natürlich auch eine Entschuldigung für die Verspätung. Das versteht sich von selbst.
Für die Hauptverhandlung gilt als Faustregel: Wenn der Richter steht, müssen Sie auch aufstehen. Betritt oder verlässt das Gericht den Saal, haben sich alle Beteiligten zu erheben. Der Richter wird im Übrigen mit Herr Vorsitzender oder Frau Vorsitzende angesprochen. Das gehört sich ganz einfach so.
Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache und der Feststellung der Anwesenheit des Angeklagten, seines Verteidigers sowie der geladenen Zeugen und Sachverständigen.
Teilweise werden an dieser Stelle Zeugen und Sachverständige einheitlich über ihre Rechte und Pflichten bei der Aussage belehrt. Danach müssen die Zeugen den Saal verlassen. Sie sind nämlich einzeln und in Abwesenheit der später zu hörenden Zeugen zu vernehmen.
Als nächstes werden Sie vom Richter über Ihre persönlichen Verhältnisse, also Name, Geburtstag und -ort, Anschrift und Staatsangehörigkeit. Diese Vernehmung dient der Feststellung Ihrer Identität. Angaben hierzu können daher nicht verweigert werden.
Im Anschluss hieran verliest die Staatsanwaltschaft die Anklage. Hierbei wird der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft aufstehen, alle anderen können aber sitzen bleiben. Der Vorsitzende teilt sodann mit, ob Verständigungsgespräche, also Gespräche die auf einen Deal abzielen, stattgefunden haben und wenn ja, welchen Inhalt diese hatten.
Anschließend werden Sie vom Vorsitzenden über Ihre Aussagefreiheit belehrt, also dass es Ihnen frei steht sich zur Sache zu äußern oder aber keine Angaben zu machen, ohne dass hieraus nachteilige Schlüsse gezogen werden dürfen. Sie müssen jetzt erklären, ob Sie aussagebereit sind oder Schweigen möchten.
Wenn Sie aussagebreit sind, werden Sie jetzt vom Vorsitzenden zur Sache vernommen. Auch die Staatsanwaltschaft hat die Möglichkeit Fragen zu stellen.
Im Anschluss an Ihre Vernehmung erfolgt die Beweisaufnahme. In Ihr werden Zeugen und Sachverständige vernommen, Urkunden verlesen sowie Objekte des Augenscheins besichtigt. Jeder Zeuge wird zunächst vom Vorsitzenden, dann von der Staatsanwaltschaft und zuletzt vom Verteidiger befragt. Nach jeder einzelnen Beweiserhebung haben Sie das Recht Erklärungen abgeben. Dieses Recht steht auch der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung zu. Ferner können Beweisanträge gestellt werden, welche vom Gericht grundsätzlich im Wege des Beschlusses während der Beweisaufnahme beschieden werden müssen.
Nach der Beweisaufnahme halten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Schlussvorträge (sog. Plädoyers). Im Anschluss hieran erhalten Sie das letzte Wort. Bei einem umfassenden Geständnis bietet es sich an, sich zu entschuldigen. In allen Übrigen Fällen reicht der Satz: „Ich schließe mich den Ausführungen meiner Verteidigung an.“
Das Gericht zieht sich sodann zur Urteilsberatung zurück. Die Hauptverhandlung schließt mit der Verkündung des Urteils. Während der Verkündung haben sich alle Beteiligten zu erheben.
Oft werden Sie unmittelbar nach Verkündung des Urteils gefragt, ob Sie noch irgendwelche Erklärungen, insbesondere einen Rechtsmittelverzicht, abgeben möchten. Diese Entscheidung sollten Sie jedoch immer zuvor mit der Verteidigung besprechen.
Sollten Sie noch Fragen haben, Sie mich gerne unter 0611-94917133 an. Ich berate Sie gern zu allen Themen rund um die Hauptverhandlung.